08.09.22 | Aufnahmestopp & Hoffest |
08.09.2022 |
Aufnahmestopp im Radeberger Tierheim
Herrenlose Katzen bringen das Radeberger Tierheim an den Rande des Möglichen. Was der Chef insbesondere Kleingärtnern rät.
Von Verena Belzer
Radeberg. Voll. Rappelvoll. Platz für 50 Katzen hat das Radeberger Tierheim - und die Kapazitäten sind voll ausgelastet. Von den 50 Katzen sind 35 Jungtiere. Und das sorgt auch für gesundheitliche Probleme. "Wir sind voll bis Unterkante Oberlippe", sagt Matthias Kuri, Vorsitzender des Radeberger Tierschutzvereins. "Das löst bei den vielen Tieren Stress aus und führt zu einem reduzierten Immunsystem." Die Folge: Durchfall. Ununterbrochen sind die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen damit beschäftigt, alles sauber zu halten.
Die Nachfrage nach Katzen sei während der Corona-Zeit völlig durchschnittlich gewesen, berichtet Sabine Kiok, stellvertretende Tierheimleiterin. "Wahrscheinlich haben sich viele Hunde geholt, und bei uns gibt es ja nur Katzen. Wir haben keinen Platz für andere Tiere."
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Unkastrierte Katze sind problematisch.
Doch wo andere Tierheime im ganzen Land unter der vermehrten Rückgabe von Tieren ächzen, weil es sich die Neu-Besitzer das mit den Haustieren dann doch anders überlegt haben, plagen das Radeberger Tierheim andere Sorgen.
"Es gibt eine Kastrationspflicht für alle freilaufenden Katzen", sagt Matthias Kuri. Als Betreiber des Tierheims habe man aber das Gefühl, dass sich nicht alle Katzenhalter daran halten. Und gechipt seien auch nicht alle, dabei könne jede Hauskatze weglaufen. "Wir empfehlen dringend, die Tiere chippen und registrieren lassen. Wer sein Haustier liebt, der will es doch im Zweifel wieder haben."
Sind die Katzen nicht kastriert, ergäben sich daraus gravierende Probleme, sagt Kuri. Eine weibliche Katze kann pro Jahr zwei bis drei Mal Junge bekommen. Ein Wurf bedeutet in der Regel sechs bis acht Katzen. "Das ist ein Multiplikatoreffekt, der kaum zu kontrollieren ist."
Das sieht auch der Radeberger Tierarzt Steffen Jakob so. "Wenn man seine Katze einmal Junge bekommen lässt und schon weiß, dass alle genommen werden, dann ist das in Ordnung, aber dann sollte das Tier auf jeden Fall kastriert werden." Kleine Kätzchen könne man sich schließlich auch im Tierheim holen.
Anfüttern bedeutet auch Verantwortung
Streunende und verwilderte Katzen sollte man auch tunlichst nicht über den Sommer anfüttern, ergänzt auch Sabine Kiok. "Oft werden diese Tiere von Kleingartenbesitzern angefüttert. Und wenn der Sommer vorbei ist, rufen sie im Tierheim an und melden die Katze, die womöglich auch schon Junge bekommen hat." Dabei sei die rechtliche Lage klar: Wer ein Tier zwei Wochen lang anfüttert, in dessen Besitz geht es über. "Dann muss der neue Besitzer für 28 Tage die Unterbringung im Tierheim und die Kosten für die Kastration bezahlen."
"Wir müssen auf jeden Fall versuchen, die verwilderte Population einzuschränken", sagt auch Tierarzt Jakob. "Das ist Natur- und Tierschutz. Einerseits schützt man so den Vogelbestand, denn natürlich ernähren sich diese Tiere nicht nur von Mäusen. Andererseits lindert man das Leid und Elend der streunenden Katzen, die ständig auf der Suche nach Futter sind."
Streunende Katzen sollten sofort dem Ordnungsamt gemeldet werden, sagt Matthias Kuri. "Wir kümmern uns dann darum, dass die Tiere eingefangen werden und zu uns kommen."
"Ein tierheimgerechter Betrieb ist hier nicht möglich", sagt Matthias Kuri
Neben den alltäglichen Sorgen treibt die Tierheimverantwortlichen noch ein anderes Thema um: "Wir sind seit 2009 in diesem Tierheim, das früher ein Wohnhaus war", erklärt Kuri. "Das Haus ist eine deutliche Verbesserung zu unserem alten Standort, aber ein tierheimgerechter Betrieb ist hier eigentlich nicht möglich."
Es gebe nicht ausreichend Möglichkeiten, die Tiere in verschiedene Bereiche zu trennen und die Tatsache, dass Futter und Streugut im Keller lagerten, sei auch nicht optimal. "Wir verbrauchen eine Tonne Streugut im Quartal, die unsere Mitarbeiter und Ehrenamtlichen in den Keller schleppen und dann wieder in die erste Etage zu den Katzen."
Die Problematik sieht auch Tierarzt Steffen Jakob. "Es ist kein optimaler Zustand. Geräumiger und ebenerdig, das wäre wünschenswert. Und die Möglichkeit, Hunde aufzunehmen." Dass der Betrieb dennoch den Umständen entsprechend gut funktioniert, liege vor allem an den Leuten, die sich kümmern. "Das ist eine sehr gute Zusammenarbeit."
Einladung zum Hoffest am kommenden Samstag
Und auch Matthias Kuri stellt eines ganz klar: "Ohne unsere Ehrenamtlichen, die hier regelmäßig im Schichtbetrieb mithelfen, wären wir total aufgeschmissen."
Am Samstag, 10. September, lädt das Tierheim die interessierte Öffentlichkeit ab 11 Uhr zum Hoffest. Für die kleinen Besucher wird es eine Hüpfburg, Zuckerwatte, Kinderspiele, Kinderschminken und Pferdereiten geben. Außerdem werden Kuchen, Salate und Wildbratwürste angeboten.
Quelle: saechsische.de Lokal:Radeberg
Zuletzt geändert am: 08.09.2022 um 08:58
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